Was bedeutet Resilienz?

Resilienz ist die Fähigkeit eines Menschen, den Widrigkeiten des Lebens mit Widerstandskraft zu begegnen.


Schwere Schicksalsschläge, Krankheit, Lebenskrisen: es gibt wohl niemanden, der all dem in seinem Leben nicht begegnen würde. Umso besser, wenn man dann mit Resilienz ausgestattet ist. Resilienz ist eine Art Immunsystem der Seele. Das Wort Resilienz geht auf das lateinische Verb „resilire“ zurück, und das heißt übersetzt „zurückspringen“ oder „abprallen“. Der Begriff Resilienz stammt ursprünglich aus der Materialkunde. Resiliente Materialien sind solche, die nach Verformung durch Belastung ihre vorherige Form wieder erlangen.

 

Als Beispiel wird hierfür gerne ein Schwamm genannt, den man ganz klein drücken kann, der danach aber wieder seine vorherige Form hat. Und als Bild für Resilienz wird oft auch das Schilfrohr im Vergleich zu einem Baum genannt. Kann das Schilfrohr sich bei einem starken Sturm bis fast auf den Boden biegen und so dem Angriff des Windes begegnen, läuft der eigentlich viel stärker wirkende Baum Gefahr, umzustürzen und zu brechen. Das Schilfrohr hingegen richtet sich nach dem Sturm wieder auf und hat den Angriff unbeschadet überlebt – ein schönes Bild für Resilienz.

 

Und vergleichbar verhält es sich auch mit Resilienz als seelischem Immunsystem beim Menschen. Resiliente Menschen lassen sich von Schicksalsschlägen und Misslichkeiten nicht so leicht umhauen bzw. sind in der Lage, sich relativ schnell wieder davon zu erholen. Allerdings braucht der Mensch dafür persönliche bzw. sozial vermittelte Ressourcen, auf die er zurückgreifen kann.

Grundhaltungen und Fähigkeiten als Voraussetzung für Resilienz

Über ein gutes seelisches Immunsystem zu verfügen, ist äußerst erstrebenswert. Doch wie kann ich Resilienz erlangen?


Zum einen sind gute Rahmenbedingungen in der Kindheit eine optimale Voraussetzung, um im Leben über gutes Resilienz-Rüstzeug zu verfügen. Das heißt aber nicht, dass Menschen, die dieses Rüstzeug nicht von Kindesbeinen an mit auf den Weg bekommen haben, nicht auch resilient sein oder werden könnten. Das belegt eine umfangreiche und sehr lang angelegte Studie der US-amerikanischen Entwicklungspsychologin Emmy Werner.

 

Lag der Forschungsfokus in der Psychologie bis Mitte des 20. Jahrhunderts nur auf psychosozialen Risikofaktoren, die sich nachteilig auf die Entwicklung eines Menschen auswirken, drehte Emmy Werner den Spieß um und fragte:

 

Wie gelingt es Menschen trotz widriger Umstände nicht daran zu zerbrechen sondern sie gut zu überstehen oder sogar noch daran zu wachsen?

 

Um dies zu belegen, begann sie Mitte 50er Jahre des 20.Jahrhunderts eine große Studie auf der Hawaii-Insel Kauai, die sie mehr als 40 Jahre lang durchgeführt hat. Sie begann, sich die Entwicklung von knapp 700 Kindern anzuschauen, die 1955 auf Kauai geboren wurden. Sehr viele dieser Kinder wuchsen unter sozial schwierigen Bedingungen auf, z.B. in chronischer Armut, mit Disharmonien und Gewalt in der Familie etc. Nach vielen Jahren stellte sich heraus: einem Drittel der Kinder gelang es trotz dieser widrigen Startbedingungen im Laufe ihres weiteren Lebens ein gelungenes, gutes, resilientes Leben aufzubauen. Also galt es, zu fragen: was war bei diesem Drittel der Kinder anders als bei den anderen? Dabei fand die Forscherin heraus: diese Kinder hatten andere Resilienzquellen innerhalb oder außerhalb ihrer Kernfamilie aufgetan. Bei manchen war schon eine andere Person oder ein anderer Ort eine Resilienzquelle, aus der sie Mut, Widerstandskraft und Optimismus schöpfen konnten. Bei vielen Kindern sind z.B. die Großeltern oder ein Großelternteil eine solche Resilienzquelle. Es können aber auch Geschwister, Lehrer, Freunde, Eltern von Freunden, oder andere Personen des näheren Umfeldes sein.

 

Diese Studie war ein wichtiger Beitrag zur Resilienzforschung mit dem Ergebnis: Resilienz ist nicht zwingend ein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal sondern eine Fähigkeit, die im Rahmen der Mensch-Umwelt-Interaktion erworben wird bzw. werden kann. 

Denn: Resilienz ist auch im späteren Leben noch erlernbar. Das belegt die Hirnforschung, z.B. die Studien des Gehirnforschers Gerald Hüther, der sagt, dass Hirnstrukturen ein Leben lang veränderbar sind.

Damit ist der Satz „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ obsolet.